Du postest dein neues Erklärvideo, checkst nach drei Tagen die Zahlen – und bist erstmal ratlos. 47.000 Views, aber nur 12 Leads. Ist das gut? Schlecht? Oder völlig normal?
Ohne die richtigen KPIs ist Video-Marketing wie Autofahren ohne Tacho. Du bewegst dich, aber hast keine Ahnung, ob du schnell genug bist oder gegen die Wand fährst.
Die meisten Unternehmen machen den gleichen Fehler: Sie schauen nur auf die großen, glänzenden Zahlen. Views, Likes, Shares. Klar, die fühlen sich gut an. Aber sie sagen dir nicht, ob dein Video wirklich funktioniert.
Die View-Through-Rate: Dein erster Realitätscheck
Die View-Through-Rate zeigt dir, wie viele Leute dein Video tatsächlich zu Ende schauen. Nicht nur anklicken, sondern wirklich dranbleiben. Das ist wie der Unterschied zwischen jemandem, der kurz in deinen Laden reinschaut, und jemandem, der sich alles anschaut.
Bei Erklärvideos gilt: Alles über 70% ist stark, 50-70% ist okay, darunter... naja, da solltest du nochmal ran.
Aber Vorsicht mit pauschalen Bewertungen. Ein 30-sekündiges Video mit 80% View-Through-Rate ist was anderes als ein 3-Minuten-Video mit derselben Rate. Bei längeren Videos sind auch 40-50% völlig in Ordnung.
Die View-Through-Rate verrät dir auch was über deinen Content. Bricht sie nach 10 Sekunden ein? Dann ist dein Hook zu schwach. Dümpelt sie bei 60% vor sich hin? Dein Mittelteil langweilt. Fällt sie erst ganz am Ende ab? Perfekt – die Leute sind interessiert, aber der Call-to-Action kommt vielleicht zu spät.
Wiedergabedauer: Der heimliche Star unter den Metriken
Apropos Zeit – die durchschnittliche Wiedergabedauer ist oft aussagekräftiger als die rohen View-Zahlen. Ein Video mit 10.000 Views und 30 Sekunden durchschnittlicher Wiedergabedauer schlägt locker eins mit 50.000 Views und 8 Sekunden.
Warum? Weil Aufmerksamkeit heute die wertvollste Währung ist. Wenn Menschen freiwillig 30, 60 oder sogar 90 Sekunden bei deinem Video bleiben, dann hast du was richtig gemacht.
Bei Erklärvideos für Unternehmen sehen wir immer wieder: Die magische Grenze liegt bei 45 Sekunden. Schaffst du es, die Leute so lange zu halten, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Conversion um das Dreifache.
Übrigens, kleine Randnotiz: YouTube und andere Plattformen bewerten Videos mit hoher Wiedergabedauer besser. Das heißt, du bekommst nicht nur bessere Conversions, sondern auch mehr organische Reichweite. Win-win.
Conversion-Tracking: Wo das Geld verdient wird
Jetzt wird's ernst. View-Through-Rate und Wiedergabedauer sind schön und gut, aber am Ende des Tages zählt: Bringt das Video Geld rein?
Conversion-Tracking bei eingebetteten Videos ist... nun ja, etwas tricky. Du kannst nicht einfach einen Pixel draufkleben und hoffen, dass alles automatisch läuft. Du brauchst eine saubere Tracking-Struktur.
Erste Möglichkeit: UTM-Parameter in deinen Video-CTAs. Jeder Link, der aus dem Video herausführt, bekommt einen eindeutigen Code. So siehst du in Google Analytics genau, welche Conversions vom Video kommen.
Zweite Möglichkeit: Event-Tracking. Du misst nicht nur Klicks, sondern auch, bei welcher Videosekunde die Leute auf deinen CTA klicken. Wahnsinnig aufschlussreich für die Optimierung.
Dritte Möglichkeit: Dedicated Landing Pages. Jedes Video führt auf eine eigene Seite, die nur über das Video erreichbar ist. Alle Conversions von dieser Seite stammen garantiert vom Video.
Sales-Funnel-Metriken: Der lange Weg zum Kunden
Nicht jeder, der dein Video schaut, kauft sofort. Manche brauchen drei Touchpoints, andere sieben. Wie trackst du das?
Lead-Scoring ist dein Freund. Du vergibst Punkte für verschiedene Aktionen: Video geschaut (10 Punkte), Newsletter abonniert (25 Punkte), Preisseite besucht (50 Punkte). So siehst du, welche Videos zur Leadqualifizierung beitragen.
Ein unterschätzter KPI: Time-to-Conversion. Wie lange dauert es vom ersten Video-View bis zum Kauf? Bei B2B-Erklärvideos kann das Wochen oder Monate dauern. Trotzdem solltest du es messen.
Micro-Conversions sind ebenfalls wichtig. Newsletter-Anmeldung, PDF-Download, Demo-Anfrage – alles Zeichen dafür, dass dein Video funktioniert, auch wenn der finale Kauf noch aussteht.
Social Media Engagement: Mehr als nur Herzchen
Likes sind nett, aber oberflächlich. Echtes Engagement zeigt sich in Kommentaren, Shares und – besonders wichtig – Klicks auf deine CTAs.
Die Engagement-Rate berechnest du so: (Likes + Kommentare + Shares + CTA-Klicks) / Reichweite × 100. Alles über 3% ist solide, über 5% ist excellent.
Aber pass auf die Plattform-Unterschiede auf. LinkedIn-Nutzer kommentieren anders als TikTok-User. Ein 2-minütiges Erklärvideo auf LinkedIn mit 50 durchdachten Kommentaren kann wertvoller sein als ein 15-Sekunden-Clip auf Instagram mit 500 oberflächlichen Likes.
Die Kommentar-Qualität ist übrigens ein unterschätzter KPI. Fragen, Diskussionen, konkrete Nachfragen – das zeigt echtes Interesse. Tools wie Sprout Social oder Hootsuite können dir dabei helfen, die Sentiment-Analyse zu automatisieren.
Plattform-spezifische KPI-Unterschiede
YouTube, Website-Einbettung, Social Ads – jede Plattform tickt anders.
YouTube belohnt Session-Duration. Wie lange bleiben Nutzer nach deinem Video auf der Plattform? Das beeinflusst, wie oft YouTube dein Video vorschlägt. Bei eingebetteten Videos auf deiner Website zählen dagegen eher die direkten Conversions.
Social Ads sind wieder anders. Hier ist der CPM (Cost per Mille) entscheidend – und wie oft dein Video die Ausspielung überlebt, ohne dass Nutzer "Werbung überspringen" klicken.
Ein Geheimtipp für Website-Videos: Heat-Maps. Tools wie Hotjar zeigen dir, ob Nutzer scrollen, während das Video läuft, oder ob sie stehenbleiben und zuschauen. Das beeinflusst deine Placement-Strategie enorm.
A/B-Testing: Der Königsweg zur Optimierung
Hier wird's richtig interessant. A/B-Tests bei Videos gehen weit über verschiedene Thumbnails hinaus.
Du kannst testen: Videolänge (60 vs. 90 Sekunden), CTA-Platzierung (am Anfang vs. am Ende), Ansprache (Du vs. Sie), sogar verschiedene Sprecher oder Animationsstile.
Ein konkretes Beispiel: Wir haben mal für einen Kunden zwei Versionen eines Produktvideos getestet. Version A: Klassischer Aufbau (Problem → Lösung → Vorteile). Version B: Direkt mit dem stärksten Vorteil eingestiegen. Version B hatte 34% mehr Conversions.
Der Trick beim Video-A/B-Testing: Immer nur eine Variable ändern. Sonst weißt du nicht, was den Unterschied gemacht hat.
Qualitative KPIs: Was Zahlen nicht sagen können
Manchmal erzählen dir 50 Nutzerkommentare mehr als 50.000 Views.
Sentiment-Analyse ist Gold wert. Sind die Reaktionen positiv, neutral oder negativ? Welche Begriffe tauchen häufig auf? "Verwirrend", "hilfreich", "zu schnell" – solche Insights bekommst du nur aus qualitativem Feedback.
Nutzer-Interviews sind aufwendig, aber unschlagbar. Frag explizit: "Was hat dich überzeugt?" oder "An welcher Stelle hättest du fast abgeschaltet?" Die Antworten werden deine nächsten Videos drastisch verbessern.
Support-Anfragen sind ein unterschätzter KPI. Weniger Fragen nach einem Erklärvideo? Perfekt, es macht seinen Job. Mehr Fragen? Vielleicht erklärt es nicht gut genug.
Timing und Methodik der KPI-Auswertung
Wie oft solltest du messen? Kommt drauf an.
In den ersten 48 Stunden nach dem Launch: Täglich. Du willst früh erkennen, wenn was schiefläuft. Nach einer Woche: Wöchentlich. Nach einem Monat: Monatlich.
Aber vergiss nicht: Manche Videos brauchen Zeit. Besonders B2B-Erklärvideos entwickeln ihre volle Wirkung erst nach Wochen oder Monaten. SEO-Effekte dauern sowieso länger.
Ein Dashboard ist Gold wert. Google Data Studio, Tableau oder auch einfache Excel-Sheets – Hauptsache, du hast alle wichtigen KPIs auf einen Blick.
Die Faustregel: Mindestens 1000 Views, bevor du optimierst. Darunter ist die Datenbasis zu dünn für verlässliche Schlüsse.
Der Blick nach vorn
Ehrlich gesagt, KPI-Messung ist kein Selbstzweck. Es geht darum, bessere Videos zu machen. Videos, die wirklich funktionieren.
Mir ist neulich aufgefallen, wie oft ich selbst bei Meetings nach einem Erklärvideo frage: "Haben Sie das Video auf der Website gesehen?" Und in 80% der Fälle ist die Antwort: "Ja, deswegen sind wir hier." Das sagt mehr als jede Metrik.
Die Zukunft gehört Videos, die nicht nur Views generieren, sondern echte Verbindungen schaffen. KPIs helfen dir dabei, diese Verbindungen sichtbar und messbar zu machen. Nutze sie weise – aber vergiss nie den Menschen hinter den Zahlen.