Montag, 9:30 Uhr. Konferenzraum B. Dein Kollege klickt sich durch Folie 47 von 63. Irgendwo zwischen Bullet Point Nummer fünf und einer unleserlichen Grafik merkst du, wie deine Gedanken abdriften. Kennst du? Klar kennst du das. Wir alle kennen das.
Dabei geht's oft um wichtige Sachen. Neue Prozesse. Strategieänderungen. Produkt-Updates. Zeug, das dein Team wirklich verstehen sollte. Aber klassische Präsentationen schaffen das selten – sie überfordern, langweilen oder verfehlen einfach den Punkt.
Erklärfilme ändern das Spiel. Komplett.
Warum Videos Folien in die Tasche stecken
Unser Gehirn verarbeitet visuelle Informationen 60.000-mal schneller als Text. Das ist keine Marketing-Phrase, sondern simple Biologie. Wenn du komplexe Zusammenhänge erklären musst – sagen wir, einen neuen Workflow oder technische Specs – dann kämpfst du mit Folien gegen die Natur an.
Ein gut gemachter Erklärfilm dagegen? Der nutzt Bewegung, Ton, visuelle Metaphern. Alles gleichzeitig. Das Ergebnis: Dein Team versteht schneller, behält mehr und – ehrlich gesagt – ist auch weniger genervt.
Studien zeigen, dass Menschen sich nach drei Tagen noch an 65% der Informationen aus Videos erinnern. Bei reinem Text? Magere 10%. Das ist kein Zufall.
Ich hab neulich mit einem Projektleiter gesprochen, der seinen Quartalsreport zum ersten Mal mit einem dreiminütigen Erklärvideo eingeleitet hat. Seine Reaktion: "Die Leute haben tatsächlich zugehört. Und Fragen gestellt. Echte Fragen, nicht nur höfliches Nicken." So sollte's sein.
Der richtige Moment für den Film-Einsatz
Nicht jede Präsentation braucht ein Video. Manchmal reichen drei Folien und ein klares Statement. Aber wenn's kompliziert wird, wenn Zusammenhänge visualisiert werden müssen oder wenn du merkst, dass die Augen glasig werden – dann ist Video dein Freund. Wie Erklärvideos in der internen Kommunikation die Aufmerksamkeit verdoppeln, zeigen aktuelle Nutzungsanalysen – besonders bei komplexen Prozessänderungen.
Zur Einführung: Starte mit einem 60-90 Sekunden Video, das den Kontext setzt. Warum sitzen wir hier? Was ist das große Bild? Ein starker Opener holt alle mental ins Boot, bevor du in Details abtauchst.
Für komplexe Zusammenhänge: Manche Prozesse lassen sich mit Worten nicht gut erklären. Wie Daten durch verschiedene Systeme fließen. Wie ein neues Tool funktioniert. Wie sich Organisationsstrukturen ändern. Da hilft Animation mehr als zehn Folien mit Pfeilen und Kästchen.
Zur Zusammenfassung: Am Ende nochmal die Kernbotschaften in 60 Sekunden? Perfekt. Gibt allen was mit auf den Weg. Und falls jemand zwischendurch mental ausgestiegen ist – hier kommt die Rettung.
Wichtig: Das Video ist Teil deiner Präsentation, nicht die ganze Präsentation. Du brauchst trotzdem den Dialog, die Diskussion, die Fragen. Das Video schafft nur die Basis dafür.
Welches Format macht wann Sinn?
Die Formatfrage ist wichtiger, als viele denken. Nicht jeder Stil passt zu jedem Inhalt oder jedem Team.
2D-Animation ist der Klassiker für interne Präsentationen. Funktioniert hervorragend für abstrakte Konzepte, Prozesse, Strategien. Der Vorteil: Du kannst Dinge zeigen, die real nicht sichtbar sind. Datenflüsse. Gedankengänge. Zusammenhänge. 2D-Animation im Marketing hat sich nicht umsonst durchgesetzt – die Flexibilität ist einfach unschlagbar.
Realfilm macht Sinn, wenn's um Menschen geht. Testimonials von Mitarbeitern. Interviews mit der Geschäftsführung. Einblicke in andere Abteilungen. Das schafft Nähe und Authentizität – kann aber auch schnell zu poliert oder zu amateurhaft wirken, wenn die Produktion nicht stimmt.
Hybride Formate kombinieren beides: reale Aufnahmen mit animierten Overlays. Zeig eine Person im Büro, blende Grafiken ein, erkläre während der Aufnahme. Gerade bei technischen Themen mit menschlicher Komponente funktioniert das stark.
Whiteboard-Style wirkt sympathisch unfertig, fast wie live entstehend. Gut für Brainstorming-Sessions oder wenn du betonen willst: "Wir entwickeln das gemeinsam." Kann aber auch ablenken, wenn die Zeichnungen zu komplex werden.
Die Länge? Übrigens... für interne Präsentationen gilt: kürzer ist fast immer besser. 60-90 Sekunden für Einführungen. Maximal drei Minuten für Detailerklärungen. Danach kippt die Aufmerksamkeit. Du kannst lieber zwei kürzere Videos an verschiedenen Stellen einsetzen als ein langes am Anfang.
Technische Integration ohne Kopfschmerzen
Nichts killt die Wirkung eines guten Videos schneller als technische Pannen. Der Player startet nicht. Der Ton rauscht. Das Format wird nicht erkannt. Schon erlebt? Vermutlich.
Dateiformate: MP4 ist dein Standard. H.264 Codec, AAC Audio. Läuft überall: PowerPoint, Keynote, Google Slides, im Browser. MOV geht auch, aber MP4 ist sicherer.
Einbettung vs. Verlinkung: Bette das Video direkt in die Präsentation ein, nicht als Link. Links brechen. Internet fällt aus. Server sind langsam. Ein eingebettetes Video ist lokal, läuft zuverlässig.
Auflösung: 1920x1080 (Full HD) reicht. 4K sieht toll aus, bläht aber die Datei auf und kann ruckeln, wenn die Hardware nicht mitspielt. Für Beamer und die meisten Bildschirme ist Full HD mehr als genug.
Tonqualität: Hier wird's kritisch. Schlechter Ton nervt mehr als schlechtes Bild. Achte auf klare Sprachaufnahmen, nicht zu leise Hintergrundmusik (falls überhaupt), keine Störgeräusche. Teste das Audio vorher im Konferenzraum – manche Räume haben beschissene Akustik.
Backup-Plan: Speichere die Präsentation UND das Video separat auf einem USB-Stick. Falls die Einbettung streikt, kannst du das Video im Player öffnen. Klingt paranoid? Ist aber schon vielen den Arsch gerettet.
Tools wie PowerPoint erlauben mittlerweile auch das Trimmen von Videos direkt in der Software. Praktisch, wenn du nur einen bestimmten Ausschnitt zeigen willst. In Keynote funktioniert das ebenfalls smooth – Apple hat da ohnehin gute Multimedia-Integration.
Emotionale Verankerung durch Sound und Visuals
Facts allein bleiben nicht hängen. Emotionen schon. Und Video ist das einzige Medium, das beides gleichzeitig liefern kann.
Sprechertext: Die Stimme macht mehr aus, als du denkst. Eine monotone KI-Stimme? Killt jedes noch so gute Skript. Eine natürliche, sympathische Sprecherstimme mit der richtigen Betonung? Macht den Unterschied zwischen "verstanden" und "wirklich verstanden".
Kleine Regel: Der Sprechertext sollte klingen, als würde ein kompetenter Kollege dir was erklären. Nicht wie ein Nachrichtensprecher. Nicht wie dein überdrehter Kumpel. Irgendwo dazwischen.
Musik: Vorsicht, Falle. Zu viel Musik nervt. Zu dramatisch wirkt lächerlich. Zu generisch fällt nicht auf. Mein Tipp: dezent im Hintergrund, nur zur Untermalung. Oder komplett weglassen – bei nüchternen, technischen Themen ist Stille mit klarer Stimme oft stärker.
Visuelle Sprache: Nutze Metaphern, die dein Team kennt. Wenn du in einem Tech-Unternehmen bist, dürfen die Grafiken technischer sein. In einem kreativen Umfeld? Verspielter. Das Video sollte sich anfühlen wie "von uns für uns" – nicht wie eingekaufte Ware von der Stange.
Farben, Icons, Animationsstil – all das transportiert Gefühl. Ein steriler, minimalistischer Look sagt: "Das ist professionell und effizient." Ein warmerer, illustrativer Stil sagt: "Das ist menschlich und nahbar." Wähle bewusst.
Corporate Design trifft Moving Image
Dein Unternehmen hat Brand Guidelines? Dann sollte dein Erklärvideo die respektieren. Klingt selbstverständlich, wird aber oft ignoriert.
Farben aus dem Corporate Design nutzen. Die Hausschrift einbauen (zumindest bei Textelementen, bei denen es möglich ist). Das Logo dezent platzieren – nicht als Wasserzeichen, das nervt, aber am Anfang oder Ende.
Effektive Brand Communication bedeutet Konsistenz. Wenn deine Website, deine Folien und deine Printmaterialien einem klaren Stil folgen, dann sollte dein Video das auch tun. Das schafft Vertrauen und Wiedererkennung.
Aber – und das ist wichtig – lass dem Video trotzdem Raum zum Atmen. Nicht jedes Element muss exakt nach Brandbook aussehen. Video ist ein dynamisches Medium. Starre Guidelines können Bewegung und Lebendigkeit killen. Finde die Balance.
Ein interner Styleguide für Videos kann helfen: Welche Animationsstile passen? Welche Sprecherstimmen? Wie viel Humor ist okay? So bleiben alle produzierten Videos im Unternehmen konsistent, ohne langweilig zu werden.
Die Wirkung messen (und verbessern)
Ob dein Erklärvideo funktioniert hat? Das merkst du nicht nur am Bauchgefühl. Es gibt konkrete Indikatoren.
Direktes Feedback: Nach der Präsentation: Fragen stellen. "War die Erklärung klar?" "Wo hakt's noch?" Offene Fragen bringen mehr als geschlossene. Und lass Raum für ehrliche Kritik – die ist Gold wert.
Verständnis-Check: Eine Woche später nochmal nachhaken. Was ist hängengeblieben? Wenn die Leute die Kernpunkte wiedergeben können, hat das Video funktioniert. Wenn nicht, musst du beim nächsten Mal was ändern.
Umsetzung beobachten: Bei Prozesserklärungen: Werden die neuen Abläufe umgesetzt? Wenn ja, war die Kommunikation erfolgreich. Wenn nein, lag's vielleicht nicht nur am Video, aber das Video war zumindest kein Gamechanger.
Follow-up-Fragen: Wie viele Rückfragen kommen nach der Präsentation? Viele Fragen können zwei Dinge bedeuten: entweder war's so interessant, dass Leute tiefer einsteigen wollen (gut). Oder es war so unklar, dass Basics nicht verstanden wurden (schlecht). Den Unterschied erkennst du an der Art der Fragen.
Analytics bei intern gehosteten Videos: Falls du Videos auf einem internen Portal bereitstellst – Klickzahlen, Absprungraten, durchschnittliche Wiedergabedauer. Steigen die Leute nach 20 Sekunden aus? Dann ist der Einstieg schwach. Schauen sie bis zum Ende? Jackpot.
Wenn's mal schnell gehen muss
Nicht jedes interne Video braucht drei Wochen Produktionszeit. Manchmal muss es morgen fertig sein.
Für Eilfälle: Screencasts mit Tool-Erklärungen. Aufnahme deines Bildschirms, dazu ein klares Voiceover. Tools wie Loom, ScreenFlow oder Camtasia machen das in einer Stunde. Nicht so poliert wie ein animiertes Video, aber besser als eine verworrene Excel-Tabelle.
Template-basierte Tools wie Vyond oder Powtoon erlauben auch ohne Design-Skills brauchbare Animationen. Vorgefertigte Charaktere, Szenen, Übergänge. Sieht manchmal etwas standardisiert aus, aber für interne Zwecke? Völlig okay.
Oder – und das wird unterschätzt – einfach mit dem Smartphone filmen. Wenn jemand aus dem Team ein Tool erklärt, eine Maschine zeigt, einen Prozess demonstriert: aufnehmen, kurz schneiden, fertig. Authentizität schlägt Perfektion. Immer.
Was bleibt hängen
Erklärfilme in internen Präsentationen sind kein Nice-to-have mehr. Sie sind der effizienteste Weg, komplexe Inhalte verständlich zu machen und dein Team wirklich zu erreichen.
Das funktioniert aber nur, wenn du's richtig machst: Die richtige Länge. Das passende Format. Technisch sauber eingebunden. Emotional auf den Punkt. Und im Corporate Design, ohne steril zu wirken.
Ich beobachte in letzter Zeit, dass immer mehr Teams auf hybride Präsentationsformate setzen – nicht nur Folien, nicht nur Video, sondern beides intelligent verzahnt. Und ehrlich? Das ist die Zukunft. Weil wir alle unterschiedlich lernen. Manche brauchen die Visualisierung. Andere den gesprochenen Text. Wieder andere die Diskussion danach.
Vielleicht ist die eigentliche Frage nicht mehr: "Sollten wir Videos in Präsentationen nutzen?" Sondern: "Warum zum Teufel tun wir's noch nicht?"