Dein Marketing-Team sitzt wieder mal vor der gleichen Frage: Soll das komplexe Produktfeature als Erklärfilm oder lieber als Infografik rüberkommen? Während der eine auf bewegte Bilder schwört, argumentiert die andere mit der Kraft statischer Visualisierung. Und du? Du willst einfach nur, dass deine Botschaft ankommt.
Die Wahrheit ist: Beide Formate haben ihre Berechtigung. Aber sie funktionieren völlig unterschiedlich – und genau das macht den Unterschied zwischen "nett anzuschauen" und "holy shit, das hab ich endlich verstanden" aus.
Der Kampf der Formate: Was passiert eigentlich im Kopf?
Fangen wir mal ganz ehrlich an: Unser Gehirn ist ein fauler Sack. Es will Informationen so schnell und bequem wie möglich verarbeiten. Erklärfilme und Infografiken sprechen dabei völlig unterschiedliche Verarbeitungsmechanismen an.
Ein Erklärfilm zwingt uns in seinen Rhythmus. 60 Sekunden, linearer Ablauf, keine Chance zum Überspringen. Das Gehirn wird quasi an die Hand genommen und durch die Information geführt. Ziemlich effektiv, wenn du komplexe Prozesse oder emotionale Botschaften vermitteln willst.
Eine Infografik dagegen? Totale Freiheit. Du scannst, springst, verweilst wo du willst. Das Auge sucht sich seinen eigenen Weg durch die Information. Perfekt für Datenvergleiche oder wenn jemand nur bestimmte Details braucht.
Aber hier wird's interessant: Die meisten Unternehmen denken viel zu wenig darüber nach, WIE ihre Zielgruppe Informationen konsumiert. Spoiler alert – das entscheidet oft über Erfolg oder Flop.
Informationsdichte: Wer packt mehr rein?
Jetzt mal Butter bei die Fische: Wieviel Information kann welches Format eigentlich transportieren?
Infografiken sind echte Datenschleudern. Du kannst Zahlen, Statistiken, Vergleichstabellen – alles auf einen Blick unterbringen. Ein gut gestaltetes Format schafft es, komplexeste Zusammenhänge auf einer Seite darzustellen. Denk an eine Marktanalyse oder Produktvergleiche – da sind Infografiken unschlagbar.
Erklärfilme haben einen anderen Ansatz. Sie reduzieren bewusst auf das Wesentliche. 60 Sekunden für die Kernbotschaft, fertig. Das zwingt dich zur Klarheit, kann aber auch bedeuten, dass wichtige Details unter den Tisch fallen.
Übrigens, kleine Randnotiz: Mir fällt immer wieder auf, wie oft Unternehmen versuchen, ihre 20-seitige Produktbroschüre in einen 90-Sekunden-Film zu quetschen. Das funktioniert ungefähr so gut wie ein Elefant im Tutu.
Das Tempo-Dilemma: Fremdbestimmt vs. selbstbestimmt
Hier liegt einer der wichtigsten Unterschiede: die Kontrolle über das Lerntempo.
Ein Erklärvideo läuft ab. Punkt. Egal ob dein Zuschauer bei Sekunde 23 noch grübelt oder bei Sekunde 45 schon alles verstanden hat – das Video macht sein Ding. Das kann frustrierend sein, funktioniert aber hervorragend für emotionale Geschichten oder wenn du eine bestimmte Argumentationskette aufbauen willst.
Bei Infografiken bestimmt der Betrachter das Tempo. Er kann verweilen, zurückspringen, Details studieren. Das ist besonders wertvoll, wenn du es mit einer heterogenen Zielgruppe zu tun hast – vom Experten bis zum Laien.
Interessant wird's bei komplexen B2B-Themen. Da will der Einkäufer vielleicht nur die Kostenübersicht sehen, während der technische Leiter sich für die Implementierungsdetails interessiert. Eine Infografik kann beide bedienen. Ein Video? Eher schwierig. Infografiken steigern die Lesbarkeit und helfen, komplexe Inhalte auf einen Blick verständlich zu machen – ideal für heterogene Zielgruppen.
Einsatzgebiete: Wo glänzt was?
Apropos, lass uns mal konkret werden. Wann solltest du welches Format wählen?
Erklärfilme rocken, wenn du:
- Emotionen wecken willst (Storytelling ist unschlagbar in bewegten Bildern)
- Prozesse oder Abläufe zeigen musst
- Eine klare, unverrückbare Botschaft hast
- Komplexe Software-Features demonstrieren willst
- Auf Social Media viral gehen willst
Infografiken sind dein Freund, wenn:
- Du viele Daten vergleichbar machen willst
- Deine Zielgruppe unterschiedliche Informationsbedürfnisse hat
- Print-Materialien eine Rolle spielen
- SEO-relevante Inhalte für deine Website brauchst
- Budget knapp ist (ja, ehrlich gesagt sind sie meist günstiger)
Sound, Animation und die Macht der Zeit
Hier kommt der emotionale Faktor ins Spiel. Ein Erklärfilm hat Waffen, die einer Infografik fehlen: Musik, Sprecherstimme, Timing.
Die richtige Hintergrundmusik kann aus einer trockenen Produkterklärung eine emotionale Erfahrung machen. Eine professionelle Sprecherstimme baut Vertrauen auf. Und das Timing? Das entscheidet, wann welche Information "einschlägt".
Stell dir vor, du erklärst ein neues Sicherheitsfeature für Autos. Im Video baust du Spannung auf: Erst die Gefahr, dann die Lösung, dann das beruhigende Gefühl der Sicherheit. Diese emotionale Achterbahn kriegst du mit einer statischen Grafik nicht hin.
Aber – und das ist wichtig – manchmal willst du diese Emotionalisierung gar nicht. Bei Compliance-Schulungen oder technischen Spezifikationen kann sie sogar kontraproduktiv sein.
Der Produktionsaufwand: Zeit, Geld und Nerven
Seien wir ehrlich: Budget spielt immer eine Rolle. Und hier haben beide Formate ihre Tücken.
Ein professioneller Erklärfilm kostet mehr. Konzept, Storyboard, Animation, Vertonung, Nachbearbeitung – da kommen schnell mehrere Tausend Euro zusammen. Dafür kriegst du aber auch ein Format, das auf allen Kanälen funktioniert und emotional überzeugt.
Infografiken scheinen auf den ersten Blick günstiger. Aber Vorsicht: Eine wirklich gute Infografik, die komplexe Daten verständlich und schön darstellt, braucht auch ihre Zeit. Und wenn du später Änderungen willst? Bei einem Video tauschst du im schlimmsten Fall einen Satz in der Vertonung aus. Bei einer Infografik musst du manchmal das ganze Layout neu durchdenken.
Interaktion und Nutzererfahrung
Hier wird's spannend für die Zukunft. Während klassische Erklärfilme linear ablaufen, experimentieren immer mehr Unternehmen mit interaktiven Formaten. Clickable Videos, verzweigte Geschichten, eingebaute Quizzes.
Infografiken waren schon immer interaktiv – zumindest in dem Sinne, dass der Nutzer selbst entscheidet, wo er hinschaut. Aber auch hier tut sich was: Animierte Infografiken, Hover-Effekte, scrollbasierte Animationen verwischen die Grenzen zwischen den Formaten.
Übrigens: Wenn du dich für eine Kombination beider Welten interessierst, schau dir mal animierte Infografiken an. Da kriegst du das Beste aus beiden Welten.
Social Media und Plattform-spezifische Überlegungen
Die Plattform entscheidet oft über das Format. LinkedIn mag datenreiche Infografiken, die Expertise demonstrieren. Instagram Stories lieben kurze, knackige Erklärfilme. TikTok? Definitiv bewegte Bilder, aber bitte authentisch und nicht zu poliert.
Bei Social Media Videos gilt: Je kürzer die Aufmerksamkeitsspanne, desto wichtiger wird das erste Bild. Bei Infografiken hast du mehr Zeit, den Nutzer zu "fangen" – er scrollt vorbei, bleibt hängen, kommt zurück.
Aber hier ein Geheimtipp: Manche der erfolgreichsten Social-Media-Posts kombinieren beide Formate. Ein kurzes Video als Teaser, eine detaillierte Infografik als Download. Oder eine animierte Infografik, die das Beste aus beiden Welten mitbringt.
Die Messbarkeit: Welcher Erfolg lässt sich besser tracken?
Videos haben einen Vorteil: Du siehst genau, wann Leute abspringen. Bei einer 60-Sekunden-Erklärung merkst du schnell, ob der Einstieg langweilig ist oder das Ende zu schwach. Diese Daten sind Gold wert für Optimierungen.
Infografiken sind schwieriger zu messen. Klar, du siehst Downloads oder Shares. Aber wo genau hängen die Leute? Welcher Teil interessiert sie am meisten? Da brauchst du schon aufwendigere Tracking-Tools.
Allerdings: Infografiken haben oft eine längere Lebensdauer. Ein gutes Datenvisualisierungsformat wird Jahre später noch geteilt. Videos? Die altern oft schneller, besonders wenn sie sehr trendy gestaltet sind.
Die Kombination macht's: Warum du nicht wählen musst
Hier kommt der Plot Twist: Die besten Kampagnen kombinieren beide Formate. Ein Erklärfilm als emotionaler Einstieg, eine detaillierte Infografik für die Vertiefung. Oder eine Webseite, die mit einem kurzen Video lockt und dann interaktive Grafiken für die Details bietet.
Denk an deine letzte Produktpräsentation. Wahrscheinlich hattest du Folien (quasi Infografiken) UND hast dazu gesprochen (quasi ein Live-Erklärfilm). Warum nicht digital genauso?
Manche Unternehmen entwickeln sogar aus einem Erklärfilm eine ganze Serie von Infografiken – oder umgekehrt. Das ist effizient und gibt dir Content für verschiedene Kanäle.
Der Realitätscheck: Was deine Zielgruppe wirklich will
Am Ende entscheidet nicht dein persönlicher Geschmack, sondern deine Zielgruppe. Für die Wahl zwischen Infografik und Erklärfilm ist entscheidend, welche Zielgruppe angesprochen werden soll und ob die Botschaft eher datengetrieben oder erzählerisch vermittelt wird. Und die ist oft überraschend anders, als du denkst.
B2B-Entscheider lieben es manchmal, komplexe Infografiken auszudrucken und in Meetings zu diskutieren. Millennials in der IT-Branche wollen kurze, knackige Videos, die sie zwischen zwei Calls schauen können. Generation Z? Die erwartet beides – und zwar perfekt optimiert für ihr jeweiliges Device.
Hier hilft nur eins: Testen, messen, anpassen. A/B-Tests zwischen Video und Infografik können überraschende Erkenntnisse bringen. Manchmal gewinnt das Format, mit dem du am wenigsten gerechnet hast.
Fazit: Die Antwort liegt in der Frage
Erklärfilm vs. Infografik ist eigentlich die falsche Frage. Die richtige Frage lautet: Was will ich erreichen, und wie konsumiert meine Zielgruppe am liebsten Informationen?
Willst du Emotionen wecken und eine klare Geschichte erzählen? Dann führt am Erklärfilm kein Weg vorbei. Willst du komplexe Daten vergleichbar machen und dem Nutzer Kontrolle über das Tempo geben? Infografik it is.
Aber vergiss nicht: Die Grenzen verschwimmen. Interaktive Videos, animierte Infografiken, scrollbasierte Storytelling-Formate – die Zukunft gehört den hybriden Lösungen. Mit animierten Infografiken lassen sich die Vorteile beider Welten kombinieren – dynamische Visualisierung und kompakte Informationsvermittlung.
Vielleicht ist die spannendste Erkenntnis diese: In einer Welt, in der wir täglich von Informationen bombardiert werden, gewinnt das Format, das am besten zur Situation passt. Mal ist das ein 30-Sekunden-Video beim Warten auf den Bus. Mal eine detaillierte Infografik für den ausgedruckten Boardroom-Pitch.
Die Kunst liegt darin, für jede Situation das richtige Werkzeug zu haben – und zu wissen, wann welches passt.