Ein einziges Video. Fünfzehn verschiedene Kanäle. Hunderte von Touchpoints.
So sieht moderne Videokommunikation aus – wenn man es richtig macht. Während viele Unternehmen noch immer denken, ein Erklärvideo sei nur für die Website gedacht, nutzen clevere Marketer längst das volle Potenzial crossmedialer Strategien. Das Ergebnis? Ihre Botschaft erreicht Kunden dort, wo sie tatsächlich sind. Nicht nur da, wo Unternehmen sie vermuten.
Was crossmedial wirklich bedeutet – jenseits des Buzzwords
Crossmedial ist mehr als nur "überall posten". Es geht um die strategische Orchestrierung von Inhalten über verschiedene Medienkanäle hinweg, bei der jedes Medium seine Stärken ausspielt und gleichzeitig eine einheitliche Geschichte erzählt.
Für Erklärfilme bedeutet das: Ein Video wird nicht einfach kopiert und überall eingefügt. Stattdessen wird es intelligent angepasst – in Länge, Format, Ansprache und sogar Inhalten – um auf jedem Kanal optimal zu funktionieren.
Nehmen wir mal an, Sie haben einen 2-minütigen Erklärfilm für Ihre neue Software erstellt. Crossmedial gedacht wird daraus:
- Ein 15-sekündiger Teaser für Instagram Stories
- Eine 45-sekündige Version für LinkedIn
- Ein interaktiver Player für die Website
- Einzelne Sequenzen für E-Mail-Kampagnen
- Static-Frames als Display-Ads
Jeder Touchpoint erzählt denselben Kern der Geschichte, aber in der Art, wie es für das jeweilige Medium am besten funktioniert.
Die Kunst der plattformspezifischen Anpassung
Hier wird's interessant: Wie macht man aus einem Video plötzlich fünf verschiedene Formate, ohne dass es aussieht wie zusammengeschusterter Content?
Website und Landing Pages Auf der eigenen Website haben Sie die Kontrolle. Hier kann Ihr Erklärvideo in voller Länge glänzen. Aber – und das ist wichtig – nicht einfach irgendwo reinknallen. Der Player sollte above the fold stehen, auto-play (ohne Ton!) funktionieren und idealerweise mit dem Rest der Seite interagieren.
Social Media Kanäle Jede Plattform hat ihre eigenen Regeln. Analysen zeigen, dass Menschen in Deutschland einen großen Teil ihrer Medienzeit mit Audio- und Bewegtbild verbringen – der VAUNET-Report belegt die Dominanz audiovisueller Inhalte und betont den wachsenden Anteil sozialer Formate. LinkedIn liebt professionelle, längere Formate – hier funktionieren 60-90 Sekunden gut. Instagram dagegen? Maximal 30 Sekunden, sonst scrollen die Leute weiter. TikTok will Authentizität und schnelle Cuts.
Der Trick liegt darin, nicht einfach das ursprüngliche Video zu kürzen, sondern die Kernbotschaft neu zu erzählen. Manchmal bedeutet das, mit dem Ende zu beginnen oder nur den emotionalsten Teil herauszugreifen.
E-Mail Marketing Videos in E-Mails sind... naja, technisch kompliziert. Deshalb funktionieren hier animierte GIFs oder ein ansprechender Thumbnail mit Play-Button, der zur Landing Page führt, oft besser. Der Clou: Der Thumbnail sollte neugierig machen, aber nicht alles verraten.
Messen und Events Hier wird's physisch. Ihr Erklärvideo läuft stumm auf einem großen Screen, während daneben ein Verkäufer steht und erklärt. Oder es läuft auf Tablets am Stand. Wichtig: Die ersten 10 Sekunden müssen auch ohne Ton funktionieren und Aufmerksamkeit erzeugen.
Wiedererkennungswert – der rote Faden durch alle Medien
Crossmedial funktioniert nur, wenn Ihre Zielgruppe merkt: "Aha, das kommt von denen!" Auch wenn das Video nur 15 Sekunden läuft.
Visuelle Konsistenz Farben, Schriften, Logo-Platzierung – das sind die offensichtlichen Dinge. Aber auch der Animationsstil sollte unverkennbar sein. Wenn Sie für Ihr Haupt-Erklärvideo einen bestimmten Illustrationsstil gewählt haben, sollten alle Ableger diesen Stil aufgreifen.
Tonalität und Stimme Der Sprecher Ihres Videos wird zur Stimme Ihrer Marke. Wenn möglich, sollte dieselbe Stimme auch in Radio-Spots, Podcasts oder anderen Audio-Inhalten zu hören sein. Das schafft Wiedererkennung auf einer sehr emotionalen Ebene.
Storytelling-Elemente Ihr Hauptvideo hat wahrscheinlich eine kleine Geschichte – einen Protagonisten, ein Problem, eine Lösung. Diese Erzählstruktur sollte sich durch alle Formate ziehen, auch wenn sie extrem verkürzt wird.
Content-Transformation: Wenn Videos zu Blogs werden (und umgekehrt)
Hier passiert die Magie der crossmedialen Strategie: Ein gut durchdachtes Erklärvideo wird zur Content-Maschine.
Vom Video zum Blog Jede Szene Ihres Erklärvideos kann zu einem eigenen Blogpost werden. Das Problem aus der Einleitung? Ein Artikel über Herausforderungen Ihrer Zielgruppe. Die Lösung? Ein How-to-Guide. Die Ergebnisse? Eine Fallstudie.
Aber auch umgekehrt funktioniert das brillant: Ihre bestperformenden Blogposts enthalten bereits die perfekte Story für ein Erklärvideo. Die Kommentare zeigen, welche Punkte noch unklar sind – perfektes Material für die Visualisierung.
Infografiken als Video-Appetizer Eine statische Infografik kann zur animierten Teaser-Version Ihres Videos werden. Oder das Video wird zu einer druckbaren Infografik für Messen und Events transformiert.
Mir ist kürzlich aufgefallen, wie oft erfolgreiche Unternehmen diesen Ansatz fahren: Ein Thema wird zu einem ganzen Content-Universum. Video, Blog, Podcast-Episode, Infografik, Social Posts – alles erzählt dieselbe Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln.
Crossmediale Videos im Sales-Funnel
Jetzt wird's strategisch interessant: Wie begleiten Ihre Erklärvideos potenzielle Kunden durch den gesamten Kaufprozess?
Awareness-Phase Hier geht's um Aufmerksamkeit. Kurze, emotionale Videos auf Social Media. Problem-fokussierte Inhalte, die zeigen: "Wir verstehen euch!" Aber noch keine Produktwerbung. Das kommt später.
Consideration-Phase Jetzt werden die Videos länger und detaillierter. Auf der Website, in E-Mail-Serien, als Follow-up zu Social Media Ads. Hier erklären Sie, wie Lösungen grundsätzlich funktionieren – nicht nur Ihre eigene.
Decision-Phase Produktspezifische Erklärvideos, Demos, Testimonials. Diese laufen auf Landing Pages, in personalisierten E-Mails oder werden direkt vom Vertrieb geteilt.
Retention-Phase Onboarding-Videos, Tutorials, Feature-Updates. Hier zeigt sich die wahre Stärke crossmedialer Strategien: Bestehende Kunden bekommen kontinuierlich neue Video-Inhalte, die sie bei der Stange halten.
Retargeting mit Videocontent
Das ist der Punkt, wo crossmediale Strategien richtig smart werden: Menschen, die Ihr Video gesehen haben, bekommen andere Inhalte zu sehen als komplette Fremde.
Stellen Sie sich vor: Jemand schaut sich 75% Ihres LinkedIn-Videos an, springt aber dann ab. Diese Person bekommt in den nächsten Wochen Display-Ads mit den letzten 25% der Geschichte zu sehen. Oder ein vereinfachtes Video, das die wichtigsten Punkte nochmal aufgreift.
Facebook und Google machen das technisch möglich. Sie können Custom Audiences basierend auf Video-Engagement erstellen und diese mit spezifischen Follow-up-Inhalten bespielen.
Tools und Workflows für effiziente Content-Verteilung
Crossmedial klingt nach viel Arbeit? Muss es nicht sein, wenn die Prozesse stimmen.
Content-Management-Systeme Tools wie Wistia oder Vimeo bieten inzwischen native Funktionen für verschiedene Ausgabeformate. Upload einmal, Export in verschiedenen Größen und Längen automatisch.
Social Media Management Hootsuite, Buffer oder später auch native Plattform-Tools ermöglichen es, verschiedene Video-Versionen zeitversetzt zu posten. Der Clou: Sie können testen, welche Version auf welcher Plattform am besten funktioniert.
Video-SEO Tools Wistia und ähnliche Plattformen erstellen automatisch Video-Sitemaps und Schema-Markup für bessere Auffindbarkeit in Suchmaschinen.
Analytics-Integration Google Analytics, aber auch spezialisierte Video-Analytics-Tools, helfen dabei, den Erfolg über alle Kanäle hinweg zu messen.
Erfolgsmessung crossmedialer Videostrategien
Hier wird's komplex – aber auch spannend. Crossmediale Strategien erfordern neue Metriken.
Beyond Views and Likes Klassische Video-Metriken greifen zu kurz. Was zählt, sind Cross-Channel-Engagement-Rates, Attribution-Pfade und vor allem: Wie bewegen sich Menschen zwischen den verschiedenen Touchpoints?
Customer Journey Tracking Tools wie Google Analytics 4 oder spezialisierte Marketing-Automation-Plattformen können zeigen, wie ein LinkedIn-Video zur Website-Konversion beiträgt oder wie ein E-Mail-Video den Sales-Prozess beschleunigt.
View-Through-Rates Besonders bei Display-Retargeting wichtig: Wie viele Menschen konvertieren, nachdem sie Ihr Video gesehen haben – auch wenn sie nicht direkt geklickt haben?
Engagement-Qualität 30 Sekunden auf LinkedIn sind mehr wert als 5 Sekunden auf Facebook. Platform-spezifische Engagement-Benchmarks helfen bei der realistischen Bewertung.
Best Practices aus dem B2B-Umfeld
Lassen Sie mich ein konkretes Beispiel skizzieren, das ich kürzlich beobachtet habe:
Ein Software-Unternehmen aus München hat einen 90-sekündigen Erklärvideo für ihre CRM-Lösung erstellt. Crossmedial aufgeteilt wurde daraus:
- LinkedIn: 60-Sekunden-Version mit Untertiteln, fokussiert auf Business-ROI
- Website: Vollversion mit interaktiven Hotspots für Demos
- E-Mail: 15-Sekunden-GIF mit den wichtigsten Features
- Messen: Stumme Loop-Version mit großen Text-Overlays
- Retargeting: 30-Sekunden-Testimonial-Version für Website-Besucher
Das Ergebnis? 340% mehr qualifizierte Leads im Vergleich zur vorherigen Single-Channel-Strategie.
Was funktioniert besonders gut:
- Konsistente Hauptfigur durch alle Formate
- Plattform-spezifische Call-to-Actions
- A/B-Tests für verschiedene Video-Längen
- Sequenzielle Storytelling über mehrere Touchpoints
Warum crossmedial die Zukunft ist
Apropos Zukunft – die Fragmentierung der Medienlandschaft wird weiter zunehmen. Ihre Zielgruppe ist überall, aber nirgendwo lange. Crossmediale Videostrategien sind die Antwort darauf.
Menschen entscheiden heute nicht mehr linear. Sie sehen ein Video auf LinkedIn, recherchieren auf Google, lesen einen Blog, schauen ein Tutorial auf YouTube und kaufen dann vielleicht Wochen später. Ihr Content muss diesen zersplitterten Weg begleiten können.
Die Unternehmen, die das verstanden haben, dominieren bereits ihre Märkte. Nicht weil sie die besseren Produkte haben, sondern weil sie überall da sind, wo ihre Kunden hinsehen – mit der richtigen Botschaft zur richtigen Zeit im richtigen Format.
Der crossmediale Einsatz von Erklärfilmen ist mehr als nur eine Marketing-Taktik. Es ist die Art, wie moderne Kommunikation funktioniert: vernetzt, adaptiv und immer da, wo sie gebraucht wird. Zeit, dass auch Ihr Content diese Sprache lernt.