Irgendwo zwischen der dritten Überarbeitung des Skripts und der Frage, ob das Firmenlogo nun 0,3 oder 0,5 Sekunden eingeblendet werden soll, verliert sich die Romantik der Videoproduktion. Was als enthusiastisches „Wir brauchen ein Erklärvideo!" begann, mutiert oft zu einem Prozess aus verschachtelten E-Mail-Threads, unklaren Zuständigkeiten und der bangen Frage: Wer gibt eigentlich die finale Freigabe?
Projektmanagement bei Erklärfilmen ist keine dekorative Beigabe – es ist das Gerüst, das verhindert, dass kreative Ambitionen im organisatorischen Niemandsland versanden. Ohne Struktur werden selbst 90-Sekunden-Videos zu monatelangen Odysseen. Mit der richtigen Methodik wird aus diffuser Erwartungshaltung ein nachvollziehbarer Prozess, bei dem jeder Beteiligte weiß, wann er was zu tun hat.
Die unsichtbare Architektur hinter jedem Erklärvideo
Kunden sehen das fertige Video. Was sie nicht sehen: die 47 Abstimmungsschleifen, die drei verworfenen Stilrichtungen, die nächtliche Korrektur einer Szene, weil der Produktname falsch geschrieben war. Projektmanagement bei Erklärfilmen bedeutet, diese Komplexität zu orchestrieren, ohne dass sie sichtbar wird.
Ein durchschnittliches Erklärvideo durchläuft mindestens sechs kritische Phasen: Briefing, Konzeptentwicklung, Skripterstellung, Storyboard, Animation und Finalisierung. Jede Phase birgt potenzielle Stolpersteine – von unklaren Zielgruppendefinitionen über fehlende Corporate-Design-Guidelines bis hin zu technischen Spezifikationen, die erst im Endspurt kommuniziert werden.
Die Rolle des Projektmanagers ähnelt der eines Dirigenten: Er muss wissen, wann die Violinen einsetzen, ohne selbst Geige zu spielen. Er synchronisiert Texter, Designer, Animatoren, Sprecher und Tongestalter – und nebenbei noch die oft unterschätzten Erwartungen auf Kundenseite, wo Marketing, Vertrieb und Geschäftsführung selten dieselbe Vorstellung vom Endprodukt haben.
Das Briefing: Wo Projekte gewonnen oder verloren werden
80 Prozent aller Produktionsprobleme lassen sich auf ein unzureichendes Briefing zurückführen. Nicht, weil Kunden inkompetent wären – sondern weil viele unterschätzen, wie präzise Videoproduktion definiert werden muss.
„Wir wollen was Modernes, aber nicht zu verspielt" ist keine Arbeitsgrundlage. „Zielgruppe: Mittelständische Unternehmen im DACH-Raum, Entscheiderebene, Alter 40-55, technikaffin aber skeptisch gegenüber Buzzwords" schon eher. Projektmanagement bei Erklärfilmen beginnt damit, die richtigen Fragen zu stellen – bevor der erste Frame gezeichnet wird.
Ein strukturiertes Briefing klärt: Welches Problem löst das Produkt? Welche Emotion soll transportiert werden? Wo wird das Video eingesetzt – Website-Header, Messestand, Vertriebsgespräch? Gibt es bereits visuelle Assets oder muss alles von Grund auf entwickelt werden? Wer sind die Entscheider, und wie viele Feedback-Runden sind realistisch?
Diese Fragen vorab zu beantworten spart Wochen. Wer sie ignoriert, zahlt später – in zusätzlichen Korrekturschleifen, Budget-Überschreitungen und zunehmend gereizter Kommunikation.
Meilensteine: Die Kunst, Zeitpläne nicht zu Wunschdenken werden zu lassen
Jeder Projektplan sieht auf dem Papier machbar aus. Drei Tage für das Skript, fünf Tage für das Storyboard, zwei Wochen Animation. Dann kommt die Realität: Der Kunde ist in Urlaub. Das Feedback kommt in Fragmenten von vier verschiedenen Abteilungen. Der Sprecher hat Corona. Die Animation ist fertig, aber niemand hatte erwähnt, dass das Video auch in 9:16 für Instagram Stories gebraucht wird.
Gutes Projektmanagement bei Erklärfilmen plant nicht nur Produktionszeit, sondern Reaktionszeit. Feedback-Fenster müssen fest terminiert sein. Wer Freigaben einfordert, braucht klare Deadlines – und die Bereitschaft, nachzuhaken. Höflich, aber unmissverständlich.
Meilensteine funktionieren nur, wenn sie mit realistischen Puffern versehen sind. Ein Storyboard ist nie nach der ersten Version final. Animation erfordert Testrenderings. Tonmischung braucht technische Freigabe. Wer das ignoriert, produziert keine Effizienz, sondern Druck – und unter Druck entstehen selten gute kreative Entscheidungen.
Besonders kritisch: Der Übergang von konzeptioneller zu produktiver Phase. Hier muss der Kunde verstehen, dass nachträgliche inhaltliche Änderungen nicht mehr „schnell angepasst" werden können. Eine neue Szene im Skript nach fertiggestelltem Storyboard bedeutet Mehraufwand. Eine umgeschriebene Produktbeschreibung nach begonnener Animation bedeutet Neubeginn.
Kommunikation: Warum Slack-Nachrichten keine Freigaben sind
Einer der häufigsten Stolpersteine: diffuse Kommunikationskanäle. Feedback kommt per E-Mail, per Telefon, per Teams-Chat, per handschriftlicher Notiz im Meeting. Niemand weiß mehr, was verbindlich ist. Der Designer arbeitet nach Version 3 des Skripts, während der Kunde bereits Version 5 meint.
Professionelles Projektmanagement bei Erklärfilmen definiert klare Kommunikationswege. Welches Tool wird für Feedback genutzt? Wer hat Freigabeberechtigung – und wer darf nur kommentieren? Wie werden Änderungswünsche dokumentiert?
Besonders bewährt: Zentrale Freigabeprozesse über dedizierte Plattformen. Jeder Meilenstein – Skript, Storyboard, Animatic, finale Animation – wird formal abgenommen. Nicht per „Sieht gut aus!" in der Slack-Nachricht, sondern mit explizitem Freigabe-Button. Das schafft Verbindlichkeit. Und es schützt beide Seiten, wenn später plötzlich doch noch Änderungswünsche auftauchen.
Ein weiterer unterschätzter Faktor: Die Übersetzung zwischen kreativer und kaufmännischer Sprache. Kunden sprechen in „Gefühlen" („Das wirkt irgendwie zu statisch"), Produktionsteams in Technik („Soll die Framerate erhöht werden?"). Der Projektmanager muss beides verstehen und übersetzen können – ohne dass sich eine Seite bevormundet fühlt.
Risikomanagement: Was tun, wenn der Plan nicht aufgeht?
Kein Projekt läuft exakt nach Plan. Der entscheidende Unterschied zwischen chaotischen und kontrollierten Produktionen liegt im Umgang mit Abweichungen.
Risikomanagement bei Videoproduktionen bedeutet: frühzeitig erkennen, wann sich etwas verschiebt, und transparent kommunizieren. Wenn das Kundenfeedback eine Woche überfällig ist, verschiebt sich der Gesamtzeitplan. Wenn eine Animation technisch komplexer wird als gedacht, kostet das Zeit oder Budget. Wer das erst am geplanten Liefertermin kommuniziert, hat bereits verloren.
Effektive Projektmanager pflegen Eskalationsstufen. Kleinere Verzögerungen werden bilateral geklärt. Größere Abweichungen erfordern formale Anpassung des Zeitplans. Kritische Änderungen – etwa wenn der Kunde plötzlich einen komplett anderen Stil wünscht – brauchen neue Kalkulation und Freigabe.
Und manchmal bedeutet gutes Projektmanagement auch: Nein sagen. Nicht jeder Kundenwunsch ist umsetzbar, nicht jede Idee verbessert das Endprodukt. Ein erfahrener Projektmanager weiß, wann er pushen muss – und wann er bremsen sollte, um das ursprüngliche Konzept zu schützen.
Qualitätssicherung: Der Unterschied zwischen „fertig" und „gut"
Zwischen der letzten Animation und der Auslieferung liegt eine Phase, die gern unterschätzt wird: Quality Assurance. Stimmen alle Farben mit dem Corporate Design überein? Ist der Ton auf allen Plattformen ausbalanciert? Funktioniert das Video in allen geforderten Formaten? Sind Untertitel korrekt synchronisiert?
Projektmanagement bei Erklärfilmen bedeutet auch, diese finale Kontrollebene nicht dem Zufall zu überlassen. Checklisten helfen, aber sie ersetzen nicht den geschulten Blick. Ein guter Projektmanager kennt die typischen Fehlerquellen: falsche Exporteinstellungen, Farbverschiebungen zwischen Vorschau und Rendering, übersteuerte Audiopegel, fehlende Metadaten.
Besonders bei mehrsprachigen Versionen potenziert sich die Komplexität. Jede Sprachvariante muss gegen das Original abgeglichen, jede Übersetzung auf Lippensynchronität geprüft werden. Hier zahlt sich penible Dokumentation aus: Wer von Anfang an mit versionierten Dateien arbeitet, verliert nicht den Überblick.
Die stille Kompetenz, die den Unterschied macht
Am Ende sieht niemand das Projektmanagement – er sieht nur das Video. Und genau das ist das Ziel. Wenn alles funktioniert, wirkt es mühelos. Die 127 E-Mails, die fünf kritischen Telefonate, die diplomatisch gelösten Meinungsverschiedenheiten zwischen Kreativ und Compliance: All das verschwindet hinter 90 Sekunden Video, das einfach „passt".
Gutes Projektmanagement bei Erklärfilmen ist die Disziplin, die kreative Vision mit operativer Realität versöhnt. Es ist weniger glamourös als Design, weniger sichtbar als Animation – aber ohne diese Struktur bleibt selbst das beste Konzept bloße Idee. Es ist die Kompetenz, die aus vagen Vorstellungen konkrete Ergebnisse formt, aus isolierten Gewerken ein stimmiges Ganzes komponiert und aus zeitlichem Druck fokussierte Produktivität macht.
Wer Erklärvideos produziert, produziert nicht nur bewegte Bilder. Er produziert Prozess. Und der entscheidet, ob am Ende alle zufrieden sind – oder nur erschöpft.




































































































