Ein Pitch in drei Akten: Der Marketingleiter nennt das Budget. Die Agentur nickt. Vier Wochen später steht eine Rechnung im Raum, die niemand erwartet hat. Zwischen diesen beiden Momenten liegt ein ganzes Universum an Entscheidungen, von denen die meisten im Vorgespräch gar nicht erwähnt wurden. Nicht aus böser Absicht, sondern weil Videoproduktion ein Handwerk ist, bei dem sich Aufwand und Ergebnis nicht linear zueinander verhalten. Ein 90-Sekunden-Clip kann 3.000 Euro kosten oder 30.000 – und beides kann berechtigt sein.
Die Frage nach dem „Was kostet ein Video?" ähnelt der Frage nach dem Preis eines Hauses. Quadratmeter allein sagen nichts. Lage, Material, Ausstattung, Bauweise – erst das Zusammenspiel ergibt die Summe. Bei der Videoproduktion gilt dasselbe Prinzip. Wer verstehen will, warum ein Projekt teurer wird als gedacht oder warum ein vermeintlich günstiges Angebot später Folgekosten produziert, muss die einzelnen Stellschrauben kennen. Nicht jede davon steht im Angebot. Manche wirken erst in der Umsetzung.
Konzeption und Strategie: Wo der Preis beginnt, bevor die Kamera läuft
Viele Unternehmen unterschätzen den Aufwand, der vor der eigentlichen Produktion liegt. Ein Video ohne strategisches Fundament ist wie ein Werbespot ohne Zielgruppe – technisch umsetzbar, aber wirkungslos. Die Konzeptionsphase umfasst Zieldefinition, Zielgruppenanalyse, Botschaftsarchitektur und dramaturgische Struktur. Hier wird entschieden, was gesagt wird, wie es gesagt wird und warum es überhaupt gesagt werden sollte.
Dieser Prozess kostet Zeit. Briefing-Gespräche, Recherche, Strategieentwürfe, mehrere Feedbackschleifen – je nach Projektkomplexität fallen hier bereits zwischen 1.500 und 5.000 Euro an, bevor auch nur eine Skizze entstanden ist. Wer diesen Schritt überspringt oder mit einer halbfertigen Idee in die Produktion geht, zahlt später doppelt: durch Nachbesserungen, Neudreh oder ein Video, das niemand versteht.
Die Erklärvideos, die wir bei explainr.de produzieren, beginnen immer mit der Frage: Was soll am Ende im Kopf der Zuschauer bleiben? Erst wenn diese Antwort klar ist, macht Produktion Sinn. Strategie ist kein Luxus, sondern Infrastruktur.
Skript und Dramaturgie: Die unsichtbare Architektur des Films
Ein gutes Skript liest sich leicht. Es schreibt sich nicht so. Die meisten Auftraggeber sehen das fertige Dokument – zwei Seiten Text, vielleicht 200 Wörter – und fragen sich, warum dieser Teil mehrere Tausend Euro kosten soll. Die Antwort liegt in dem, was nicht auf dem Papier steht: den verworfenen Versionen, den Kürzungen, der Suche nach der einen Formulierung, die komplexe Zusammenhänge in einem Satz verständlich macht.
Ein professionelles Skript ist verdichtete Kommunikation. Jedes Wort trägt Gewicht, jede Pause ist gesetzt, jeder Übergang dient der Verständlichkeit. Dieser Prozess erfordert Erfahrung, dramaturgisches Gespür und oft mehrere Iterationen mit dem Kunden. Skriptkosten bewegen sich zwischen 800 und 3.000 Euro, abhängig von Länge, Komplexität und Abstimmungsaufwand.
Wer hier spart, merkt es spätestens im Schnitt. Ein schwaches Skript lässt sich durch noch so gute Animation nicht retten. Die Struktur muss sitzen, bevor die erste Szene gezeichnet wird.
Stilwahl und Animationstechnik: Wo Ästhetik auf Kalkulation trifft
2D-Animation, 3D-Rendering, Whiteboard-Stil, Motion Graphics, Realfilm, Legetechnik – jede dieser Produktionsformen hat eigene Kosten- und Zeitstrukturen. Ein simpler Flat-Design-Stil mit reduzierten Formen und klaren Farbflächen ist schneller umsetzbar als eine detailreiche Character-Animation mit individuell animierten Gesichtszügen. 3D-Produktionen erfordern Modellierung, Texturierung, Beleuchtung und Rendering – Prozesse, die Hardware, Software und Spezialwissen voraussetzen.
Die Wahl des Stils sollte nicht allein ästhetischen Vorlieben folgen, sondern der Funktion des Videos. Ein Produktvideo für eine technische B2B-Lösung profitiert oft von 3D-Visualisierungen, die Funktionsweise und Details präzise zeigen. Ein Erklärvideo für eine Dienstleistung kommt meist mit 2D-Animation aus, solange die Botschaft klar transportiert wird.
Kostentechnisch liegt ein einfacher 2D-Stil bei etwa 80 bis 150 Euro pro Sekunde fertiges Video. Aufwendige Character-Animationen oder 3D-Produktionen können 200 bis 400 Euro pro Sekunde erreichen. Ein 90-Sekunden-Video bewegt sich dann zwischen 7.200 und 36.000 Euro – allein durch die Stilwahl.
Länge und Komplexität: Warum mehr Sekunden nicht linear mehr kosten
Videolänge ist ein offensichtlicher Kostenfaktor, aber kein proportionaler. Ein 60-Sekunden-Video kostet nicht halb so viel wie ein 120-Sekunden-Video, weil Fixkosten wie Konzeption, Storyboard, Sounddesign und Abstimmung unabhängig von der Länge anfallen. Gleichzeitig steigt der Produktionsaufwand mit zunehmender Komplexität überproportional.
Ein einfaches Erklärvideo mit linearer Erzählstruktur, drei Szenen und einem Sprecher ist schneller produziert als ein Video mit parallelen Handlungssträngen, zehn Charakteren, mehreren Locations und Soundeffekten für jede Interaktion. Komplexität zeigt sich nicht in der Laufzeit, sondern in der Anzahl der Elemente, die koordiniert werden müssen.
Faustregel: Je mehr bewegliche Teile ein Video hat – Charaktere, Szenen, Animationsebenen, Übergänge – desto höher der Arbeitsaufwand. Ein minimalistisches 90-Sekunden-Video kann in zwei Wochen fertig sein, ein komplexes in sechs. Zeit ist Geld, und Komplexität ist Zeit.
Sprecher, Musik, Sound: Die akustische Ebene, die oft vergessen wird
Bild fällt auf. Ton fällt auf, wenn er fehlt. Viele Projekte scheitern nicht am Visuellen, sondern an schlechtem Audio. Ein professioneller Sprecher kostet zwischen 300 und 1.500 Euro, abhängig von Erfahrung, Sprache und Nutzungsrechten. Wer international denkt, multipliziert diese Kosten mit der Anzahl der Sprachversionen. Mehrsprachige Erklärvideos erfordern nicht nur Übersetzung, sondern auch kulturelle Anpassung und erneutes Voice-Recording.
Musik und Sounddesign sind weitere Posten. Lizenzfreie Tracks aus Bibliotheken gibt es ab 50 Euro, individuell komponierte Musik beginnt bei 1.000 Euro aufwärts. Soundeffekte, Hintergrundatmosphäre, Abmischung – all das summiert sich. Ein durchschnittliches Erklärvideo investiert zwischen 500 und 2.000 Euro in die akustische Ebene.
Wer hier spart, riskiert ein Video, das trotz guter Animation unprofessionell wirkt. Ton ist die Hälfte des Erlebnisses, auch wenn er unterbewusst wahrgenommen wird.
Revisionsschleifen: Der versteckte Kostenblock im Feinschliff
Kein Projekt läuft ohne Feedback. Die Frage ist, wie viele Korrekturschreifen eingeplant sind. Standardverträge beinhalten meist zwei bis drei Revisionsphasen: nach Skript, nach Storyboard, nach Animation. Jede weitere Runde kostet extra, weil Änderungen in späten Phasen aufwendiger sind als frühe Anpassungen.
Eine Textänderung im Skript ist in zehn Minuten erledigt. Dieselbe Änderung nach der Animation bedeutet: neue Sprachaufnahme, Anpassung der Lippensynchronisation, Neuschnitt der Szene, erneutes Rendering. Aus zehn Minuten werden mehrere Stunden – und aus einer kleinen Korrektur ein vierstelliger Betrag.
Viele Kostenüberschreitungen entstehen hier. Nicht weil Agenturen Fallen stellen, sondern weil Unternehmen unterschätzen, wie final eine Freigabe sein sollte. „Können wir nicht nochmal…?" ist der teuerste Satz in der Videoproduktion. Wer Revisionen minimieren will, sollte in klare Briefings und strukturierte Abstimmungsprozesse investieren.
Nutzungsrechte und Lizenzierung: Was Sie kaufen und was Sie mieten
Ein fertiges Video zu besitzen, bedeutet nicht automatisch, es überall zeigen zu dürfen. Nutzungsrechte sind ein oft übersehener Kostenfaktor. Die Grundproduktion deckt meist digitale Nutzung auf der eigenen Website und in sozialen Medien ab. Wer das Video im Fernsehen, auf Messen mit großem Publikum oder in kostenpflichtigen Werbeanzeigen einsetzen will, zahlt Aufschläge.
Ähnliches gilt für Sprecherlizenzen. Ein Voice-Over für Online-Nutzung kostet weniger als eines für Broadcast-Rechte. Musik aus Stockbibliotheken hat oft zeitlich oder geografisch begrenzte Lizenzen. Wer ein Video fünf Jahre lang weltweit nutzen will, sollte das von Anfang an klären – nachträgliche Lizenzierungen sind teurer und manchmal gar nicht mehr möglich.
Transparenz bei Nutzungsrechten schützt vor bösen Überraschungen. Ein gutes Angebot schlüsselt auf, welche Rechte im Preis enthalten sind und welche Zusatzkosten bei erweiterter Nutzung entstehen.
Die Agentur als Faktor: Erfahrung, Struktur, Overhead
Nicht alle Anbieter kalkulieren gleich. Freelancer haben niedrigere Fixkosten als Agenturen mit festem Team, Bürofläche und Verwaltungsapparat. Das macht sie oft günstiger, aber nicht automatisch besser. Agenturen bieten Prozesssicherheit, Kapazitätsreserven und spezialisierte Teams für Skript, Animation, Sound und Projektmanagement.
Die Wahl hängt vom Projekt ab. Ein simples Erklärvideo für den internen Gebrauch rechtfertigt selten Agenturpreise. Ein komplexes Imagefilm-Projekt mit mehreren Stakeholdern, strikten Deadlines und hohen Qualitätsansprüchen profitiert von strukturierten Abläufen und Absicherung.
Preislich liegen Freelancer bei 50 bis 100 Euro pro Stunde, kleinere Agenturen bei 80 bis 150 Euro, etablierte Studios bei 120 bis 250 Euro. Diese Unterschiede spiegeln nicht nur Qualität wider, sondern auch Zuverlässigkeit, Kapazität und Haftung.
Budget und Erwartung: Die Kunst der realistischen Planung
Die häufigste Enttäuschung in der Videoproduktion entsteht nicht durch schlechte Arbeit, sondern durch unrealistische Erwartungen. Wer mit 5.000 Euro Budget ein Video wie von Apple erwartet, wird enttäuscht sein. Nicht weil Agenturen unfähig sind, sondern weil Apple-Videos sechsstellige Budgets haben.
Realistische Planung beginnt mit der Frage: Was will ich erreichen, und was bin ich bereit, dafür zu investieren? Ein einfaches Erklärvideo für die Website startet bei 2.500 bis 4.000 Euro. Ein hochwertiges Produkt- oder Imagevideo liegt zwischen 8.000 und 20.000 Euro. Aufwendige 3D-Produktionen oder Realfilm-Kampagnen können 30.000 bis 100.000 Euro und mehr kosten.
Budgetgrenzen sind keine Qualitätsgrenzen, sondern Rahmen für kreative Lösungen. Eine gute Agentur kann auch mit kleinerem Budget starke Ergebnisse liefern – wenn die Erwartungen geklärt sind und der Fokus auf das Wesentliche gelegt wird.
Schlussbild
Videoproduktion ist keine Blackbox, sondern ein transparentes Handwerk mit klaren Mechaniken. Wer die Kostenfaktoren kennt, kann besser planen, realistischer verhandeln und gezielter investieren. Der Preis eines Videos ist nicht willkürlich, sondern die Summe vieler bewusster Entscheidungen: Stil, Länge, Komplexität, Ton, Revisionen, Rechte.
Die Frage ist nicht, ob ein Video teuer oder günstig ist. Die Frage ist, ob es das leistet, wofür es bezahlt wurde. Ein 3.000-Euro-Video, das niemand versteht, ist zu teuer. Ein 30.000-Euro-Video, das die Conversion um 40 Prozent steigert, ist ein Schnäppchen. Wert entsteht nicht im Preis, sondern in der Wirkung.
Wer verstanden hat, wie Kosten entstehen, trifft bessere Entscheidungen. Nicht billigere – sondern klügere.




































































































